Peinlich, aber behandelbar: Starkes Schwitzen
Betroffene von Hyperhidrose schämen sich, doch es gibt Hilfe
© Pexels/Anna Tarazevich
Schweiß, der den Körper herunterrinnt, ist eine gute Sache – eigentlich: Er kühlt den Körper und schützt vor Überhitzung. Schwitzen ist also normal und gut. Doch es gibt Menschen, bei denen das Schwitzen übermäßig ist und krankhaft: Betroffene der sogenannten Hyperhidrose schwitzen auch dann an Händen, Füßen, unter den Achseln oder am Rücken, wenn es nicht heiß ist oder sie Sport machen.
Hyperhidrose ist also unabhängig von Temperatur und Bewegung. Wer daran leidet, hat somit nicht nur das Problem mit dem übermäßigen Schweiß. Sondern fürchtet sich ständig vor schamvollen Momenten.
Gut gemeinte Ratschläge wie Salbei-Tee zu trinken hilft übrigens nichts, das Immunsystem zu stärken auch nicht – und selbst Baumwollkleidung statt Synthetik ist schnell nass geschwitzt. Ein Gamechanger bei Hyperhidrose könnte jetzt allerdings eine Creme sein, die – anders als Operationen – für jeden Betroffenen eine leicht verfügbare Behandlung ist und seit August 2022 verfügbar. Diese und andere Optionen für Menschen, die übermäßig schwitzen, beschreiben wir dir hier:
Was ist Hyperhidrose?
Menschen mit Hyperhidrose haben keine vergrößerten oder mehr Schweißdrüsen. Bei Hyperhidrose sind die Schweißdrüsen schlicht überstimuliert. Das liegt bei der primären Hyperhidrose an einer Störung im vegetativen Nervensystem: Der Sympathikus im Gehirn, der für die Aktivierung des Körpers zuständig ist und zum Beispiel Herzschlag, Atmung und Puls antreibt, ist überaktiv. Meist schwitzen Betroffene stark unter den Achseln, aber auch Hände, Füße und der ganze Rumpf können betroffen sein. Weltweit leiden fünf Prozent der Menschen an primärer Hyperhidrose.
Das ist prinzipiell nicht schlimm, weil dadurch keine körperlichen Nachteile entstehen: Betroffene leben genauso lang und sind nicht anfälliger für andere Krankheiten. Sie produzieren lediglich vermehrt Schweiß, was sich vor allem auf die Psyche niederschlägt.
Wer einem Fremden die klatschnasse Hand entgegenstreckt oder beim Date mit riesigen Schweißflecken unter den Achseln am Tisch sitzt, schämt sich verständlicherweise. Vor allem, wenn man selber nichts dafür kann: Hyperhidrose ist eine vererbte Krankheit. Und für seinen angeborenen Genpool kann niemand etwas.
starkes Schwitzen: was sind die ursachen?
Hinter starken Schweißattacken kann außer einer primären Hyperhidrose auch eine sekundäre stecken. Davon sprechen Expert:innen, wenn das Schwitzen Symptom einer anderen Erkrankung ist. Das können sein: Parkinson, Diabetes oder im schlimmsten Fall ein Tumor. Auch manche Medikamente und auch Hormone können als Nebenwirkung starkes Schwitzen auslösen. Daher bei übermäßigem Schwitzen immer als erstes den Hausarzt oder die Hausärztin darauf ansprechen und auf Ursachenforschung gehen.
Behandlung: Was hilft bei Hyperhidrose?
Hausmittel bei Hyperhidrose sind bisher alle durchgefallen. Gerbstoffe, die beispielsweise in Eichenrinde oder Kastanien enthalten sind, stehen im Gespräch, Hyperhidrose lindern zu können. Belege gibt es dafür noch nicht. Es gibt aber genügend andere Möglichkeiten, die Schweißattacken abzumildern oder gar zu stoppen:
Kühlen gegen starkes Schwitzen
Ein erster Ansatz gegen starkes Schwitzen ist es, den Körper zu kühlen. Leichte Kleidung, am besten aus Baumwolle oder Leinen, eine kühle Wohnung, lauwarme Getränke und ein Ventilator kühlen den Körper. Wird der Körper, vor allem der Kopf, kühl gehalten, stoppt das Gehirn die Schweißproduktion. Allerdings kann es dennoch, gerade in Momenten, wo man unter Stress oder Anspannung steht, zu Schweißausbrüchen kommen.
Axhidrox: Creme gegen starken AchselschweiSs
Seit 2022 gibt es eine Creme gegen axilläre Hyperhidrose – also für jene, die an übermäßigem Schwitzen unter den Achseln leiden. Die Creme namens Axhidrox mit dem Wirkstoff Glycopyrronium soll Nervenimpulse an die Schweißdrüsen mindern und mindert somit die Schweißproduktion reversibel. Das heißt: Wird die Creme abgesetzt, setzt die übermäßige Schweißroduktion wieder ein. Über vier Wochen wenden Betroffene die Creme täglich an, danach reduziert man die Anwendung individuell auf mehrmals pro Woche.
Die Langzeitdaten zu Axhidrox sehen vielversprechend aus, heißt es in dieser Studie: „Alle Endpunkte, wie die Reduktion der Schweißmenge nach zwölf Wochen oder die Verbesserung der Lebensqualität wurden erreicht, obwohl die Anwendungshäufigkeit reduziert wurde. Die Verträglichkeit der Creme war gut. Es traten milde bis moderate Nebenwirkungen auf, Teilnehmende berichteten insbesondere über einen trockenen Mund.“
Axhidrox ist verschreibungspflichtig und in Apotheken erhältlich. Der Preis liegt bei ca. 60 Euro.
Starkes schwitzen: Helfen Antitranspirantien und Deos?
Aluminiumsalze werden Antitranspirantien und manchen Deos zugesetzt. Die Salze verschließen die Ausgänge der Schweißdrüsen und sorgen so dafür, dass weniger Schweiß aus dem Körper austreten kann. Die Deos helfen bei starker Hyperhidrose als alleinige Behandlung nicht. Aber sie können unterstützend eingesetzt werden bzw. in leichteren Fällen Abhilfe schaffen.
Aluminiumsalze in Kosmetikprodukten könnten das Brustkrebs- und Alzheimerrisiko erhöhen, heißt es zwar immer wieder. Dafür gibt es bis dato jedoch keine konkreten Hinweise. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung schreibt in einer kürzlich erschienenen Stellungnahme, dass „die Wahrscheinlichkeit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung durch den regelmäßigen Gebrauch von aluminiumhaltigen Antitranspirantien nach gegenwärtigem wissenschaftlichen Kenntnisstand sehr niedrig“ ist.
Botox gegen Schweißattacken
Botox wird nicht nur für Schönheits-OPs eingesetzt. Das bekannte Nervengift hilft auch wirksam Hyperhidrose-Patient:innen. Botulinumtoxin wird an stark schwitzenden Stellen unter die Haut gespritzt und blockiert dort die Reizübertragung der Synapsen. Ungefähr alle sechs Monate sollte die Behandlung wiederholt werden. Und es ist natürlich ein Kostenfaktor: Der Pieks kostet jedes Mal ein paar Hundert Euro.
Hyperhidrose behandeln mit OP oder MiraDry
Wer stark unter den übermäßigen Schwitzattacken leidet, entscheidet sich möglicherweise für eine Sympathikus-OP. Hierbei wird der Sympathikus-Nerv neben der Wirbelsäule abgeklemmt. Die OP eignet sich besonders, wenn Hände, Füße und Kopf stark schwitzen. Denn die Anwendung der oben beschriebene Axhidrox-Creme ist wie gesagt allein auf die Achseln beschränkt. Der große Vorteil der OP ist: Das Schwitzen an den betroffenen Stellen verschwindet dauerhaft! Allerdings kann es passieren, dass die Schwitzattacken auf andere Körperstellen übergehen.
Sanfter und weniger invasiv ist das sogenannte MiraDry-Verfahren: Mikrowellen erhitzen die Schweißdrüsen und veröden sie. Keine Angst, deine Haut verbrennt hierbei nicht. Die Hitze geht in die Unterhaut und das Fettgewebe. MiraDry eignet sich vor allem bei starkem Achselschweiß. Auch diese Behandlung ist jedoch nicht ganz kostengünstig.